Beppe Fenoglio: Literarisches Übersetzen in Alba
Studienreise und Übersetzerwerkstatt vom 23.- 30. April 2019
Drei Gruppen von Studierenden der Italianistik reisten in der letzten Aprilwoche ins Piemont. Alba war das Ziel einer Studienreise und Ort einer außerordentlichen Übersetzerwerkstatt, in der Studierende der Romanistik der Universitäten Marburg, Konstanz und Jena zusammentrafen, um Erzählungen von Beppe Fenglio zu übersetzen.
Vorbereitet wurde diese Exkursion bereits im Wintersemester 2018/19, in dem an den drei beteiligten Universitäten unter der Leitung von Prof. Dr. Olaf Müller (Universtät Marburg), Dr. Marco Menicacci (Universität Konstanz) sowie Prof. Dr. Edoardo Costadura und Dr. Sandra Stuwe (Universität Jena) Übersetzerseminare zu Beppe Fenoglio stattfanden.
In Italien gehören Una questione privata, I ventitre giorni della città di Alba und Il partigiano Johnny zu den Klassikern des 20. Jahrhunderts. Dennoch ist Fenoglio in Deutschland nach wie vor nur wenig bekannt. Seine Romane und Erzählungen liegen nur zu einem geringen Teil oder gar nicht im Deutschen vor. Dieser Aufgabe haben sich Kollegen und Studierende aus Marburg, Konstanz und Jena gestellt - mit dem Ziel in einer gemeinsamen Studienfahrt und Übersetzerwerkstatt vor Ort, die Ergebnisse zu überprüfen, zu kontextualisieren, zusammenzuführen und nicht zuletzt dem genius loci nachzuspüren.
Denn der im piemontesischen Alba geborene Beppe Fenoglio (1922-1963) ist einer der größten italienischen Erzähler des 20. Jahrhunderts und wohl der bedeutendste und originellste Autor der Resistenza (des antifaschistischen Widerstandkampfs).
In einer unnachahmlichen Sprache, die unterschiedliche Register und nicht zuletzt auch Importe aus dem Englischen zu einem neuartigen epischen Medium verbindet, erzählt Fenoglio von atemlosen Fußmärschen in den Bergen, von Kämpfen, von äußeren und inneren Konflikten, die von oft einsamen Figuren ausgefochten werden müssen. Schauplatz sind die Langhe, eine piemontesische Hügel- und Mittelgebirgslandschaft, die sich südlich von Turin bis in die Provinzen Cuneo und Asti erstreckt. Der zeitliche Rahmen umfasst die anderthalb Jahre zwischen dem Waffenstillstand vom 8. September 1943 und der Befreiung Norditaliens im Frühjahr 1945.
Die Gruppe fuhr am 25. April nach Valdivilla und nahm dort an der Festa della liberazione, dem Gedenken an die Befreiung Italiens, teil. Ein weiteres Exkursionsziel war der Pavaglione und die dortige Casa di Fenoglio, die nicht nur Informationsort war, sondern auch Ausgangspunkt für geführte Wanderungen auf den Wegen, die beispielsweise der Partigiano Johnny gegangen ist.
Unter sachkundiger Führung unternahm die Gruppe auf den literarischen Spuren von Fenoglio weitere Wanderungen in und um Alba und in San Benedetto Belbo. Lesungen unter freiem Himmel ergänzten diese Erfahrungen auf ideale Weise. Ebenso gab es Gelegenheit sich mit Angelo Bendotti, der in einer Lesung sein Buch Nel segno di Fenoglio, vorstelllte, auszutauschen.
Besonderer Dank gebührt dem Centro Studi Beppe Fenoglio, dem Geburtshaus unseres Autors, und der Fondazione Ferrero, die uns Arbeitsräume für unsere Übersetzerwerkstatt zur Verfügung gestellt und uns bei allen unsere Aktivitäten tatkräftig unterstützt haben.
Die Studienfahrt der Jenaer Gruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Costadura und Dr. Sandra Stuwe wurde durch das Dekanat der Philosophischen Fakultät der Universität Jena gefördert.